2020-05-23 - Samstag Abend
Absehbar, dass man mit schon einem Tag mehr tatsächlich wieder inhaltlich arbeiten könnte: Zwei Tage: Kaum vorstellbar was möglich wäre. Fünf Tage in Folge frei. Daher diese Gedanken.
Kämpfe mich seit November durch soziale Systeme. Es geht mühsam. Aber es geht. Auch wenn teilweise Wochen (2) zwischen den Anläufen liegen. Sicher auch, weil ich hier sehr genau arbeite - so genau hätte ich gern die ANT aufgearbeitet.
Vermisse Sport-TV. NHL, MLB. Sollte wohl Koreas Baseball-Liga ne Chance geben. Aber Sport ist eben nicht nur Sport, sondern eien mehr oder weniger vorhersagbare kulturell-interessante Entspannungstour. Man kann sich vorstellen, wie ein nicht ganz so politisches USA tickt und kann die entspannte Sonntagsatamosphäre über einen Stream bis nach Europa spüren, wenn man will. Wer Sport nur als Verhalten nach Regeln mit Claqueuren am Rand begreift, der hat noch einen unvollständigen Blick aufs Geschehen.
Spiele, die ich letzter Zeit gespielt habe:
- Subnautica - Super gut, super gruselig in Teilen, passt auch toll zu meinem theoretischen Konzept der Thalassopphobie, oder lässt mich jedenfalls auf einer Nebenspur darüber nachdenken. Werde ich nie zu Ende spielen, aber die Stunden, die ich reingesteckt habe, habe ich sehr genossen.
- The Long Dark - Die Abhängigkeit einer verbundenen Gesellschaft: Im hohen kanadischen Norden, ohne Verbindung zur Außenwelt stellt man fest: Man weiß gar nicht mehr, wie man nur auf sich selbst zurückgeworfen überleben würde. Man stellt außerdem fest, dass man differenzieren könnte zwischen einem Leben im Norden welches aufgrund von geselleschaftlichen Nabelschnüren funktioniert und einem solchen Leben, welches eine hauptsächliche Unabhängigkeit erforderlichen macht und dann aber auf dieser Plattform Herausforderungen an jeden Akteur stellt, denen man sich in angeschlossener Form kaum noch stellen kann.
- Slay the Spire - Ein rogue-like Kartenspiel. Aber auch: Eine Exploration von Interkonnektivität an sich. In diesem Spiel spielt der Zufall der Karten - Reihenfolge wie Verfügbarkeit - so eine große Rolle, dass eine methodische Vorgabe, was man wann wie tun sollte kaum mehr möglich ist (Guides nehmen daher eher die Form von allgemeinen Empfehlungen an. Dieser Guide entspricht noch am ehesten dem üblichen Format). Man muss also eher im Moment selbst entlang bekannter Synergien entscheiden lernen.
- Die UI greift bei Subnautica und the Long Dark häufig in das Überlebensnarrativ ein. Dadurch, dass man die Zeit nicht stoppen kann, aber zum Teil sich erstmal mit der UI und der Bedeutung der Dinge in der Welt informieren muss, vergeht Zeit in der Spielwelt, die aber genau genommen für etwas außerweltliches verstreicht
Überlebt habe ich die Fast-Apoalypse meiner alten Daten (soweit noch intakt), dank git-annex und auch DevonThink. Der Prozess der Datenkonsolidierung und Kuratierung mit anschließender ordentlicher Archivierung nimmt einiges an Zeit in Anspruch, aber ich für jedes in der Vergangenheit erarbeitete Verbesserungsprozent dankbar. Hätte ich git-annex nicht, dann wäre aufgrund der fehlenden doppelten Datenhaltung jetzt schon längst alles weg. Hätte ich DevonThink nicht, dann hätte ich nicht mal mehr die Metadaten zu einem riesigen Teil ansonsten tatsächlich verlorenen Dingen. Das zukünftige System sieht vor, git-annex und DevonThink in Verbindung mit Evernote und Zotero so einzurichten, dass es die nächsten 10 Jahre übersteht. Sorgen bereitet mir zunehmend nicht mehr was in zwei drei Jahren ist, weil ich Software nicht mehr alle 6 Monate wechsle, sondern was ist, wenn eine Softwarebude zu macht. Dinge wie git-annex sind zwar open source, aber werden im wesentlichen von einem einzelnen Typen gewartet. Dinge wie plaintext machen den Eindruck plattformagnostisch zu sein, aber die Packages für Texteditoren, die z. B. das Arbeiten an einem Zettelkasten ermöglichen sind häufig Soloprojekte. Referenzmanager wie Bookends, Tools wie Keyboardmaestro uvam, was ich Teil meines Setups nenne ist also prinzipiell anfällig für einen plötzlichen Ausfall. Schlüsse kann man viele ziehen, mein Eindruck ist aber, dass daher Tools wie Evernote oder auch DevonThink - letzteres aber weniger stark - in gewisser Weise sicherer sind, da sie to big to fail sind. Gleiches gilt für OmniFocus und Zotero. Insofern ist die Optimierungsaufgabe: Wie viel Komplexität bzw. Flexibilität lässt sich über wie viele Jahre garantieren ohne, dass ich selbst allzuviele Brain Cycles zur Erhaltung verbrennen muss?
Mir geht es gut. You look nice today.
2020-03-24 (Ermüdung und Sci-Fi)
Ich besitze nun ein ErgodoxEZ. Und ich nutze die ungewohnte Schreibsituation um das Zehnfingersystem zu erlenen. Es geht müseelig voran, aber wenn ich schon neu schreiben lerne, dann kann ich mir auch gleich eine gute Technik antrainieren. Interessant am neu Schreiben lernen ist, wie man auch inhaltlich anders schreibt. Da Dinge im Augenblick länger brauchen, schreibe ich irgendwie bewusster, effizienter, weniger. Ich schreibe aber auch weniger um, mache weniger "Fehler" in dem Sinne, dass ich nicht so häufig unbedachten Quatsch hinschreibe - auch wenn das natürlich auch vorkommt.
Mann kann sagen, dass ich schon jetzt keine Kraft mehr habe die derzeitige Lage als besonders schockierend zu begreifen. Schlimm: ja. Aber auch irgendwie faszinierend. Es entstehen eher SciFi-Stories, anstelle von Horrorvorstellungen vor dem inneren Auge - womit nicht gesagt sein will, dass es nicht auch schlimme Schicksale gibt. Aber für den Beobachter (wie für den Feldforscher) ist schon interessant, was eine Quarantäne-Gesellschaft sein könnte…
A pro pros Sci-Fi: Ich erfreue mich auch sehr einem neu erstandenen Audible-Abo mit dem ich jetzt schon dem zweiten Band der Eismond-Reihe von Brandon Q. Morris lausche.
Ich verzettle fleißig u. A. meine Recherchen zur Programmiersprache PHP. Dabei fiel mir im Rahmen einer kleinen Recherche zum Thema Error Handling auf: Man muss eigentlich immer den Begriff von seiner technischen Implementierung unterscheiden. Diese Unterscheidung kann man aber auch generalisieren: Mann muss jede Artikulation voneinander unterscheiden, wobei auch der Idee keine priviligierte Position zukommen muss. Artikulationen sind einander nie vollständig kongruent. Sowohl ins abstrakte gedacht ist das wichtig, aber auch ganz konkret: nämlich in Fällen wo es ein Konzept eines Errors gibt, ein Konzept einer Exception, aber auch eine Exception-Klasse vom Typ Error und eine andere vom Typ Exception. Man muss hier sauber unterscheiden von was man spricht, damit man die bestehenden Unterschiede nicht durch ungeschickten Sprachgebrauch wieder verschüttet.
Nochmal zurück zu Corona: Interessant ist ja irgendwie auch, was für Auswirkungen so etwas auf die Wirtschaft hat. Die echte Geld-Knappheit wird in einigen Fällen sicher auch zusätzlich noch durch eine "virtuelle" Knappheit ergänzt werden, die dann wiederum zu mehr Geldknappheit erster Ordnung führt. Und das wiederum steigert die Chance auf simmulierte Knappheit, etc. Mit zunehmender Zeit wird es also immer wahrscheinlicher, scheint mir, dass die Knappheit "echter" wird. Gleiches lässt sich auch Waren übertragen. Es muss also gegengesteuert werden und mit fortschreitender Zeit muss ein Ende in Aussicht gestellt werden. Und in allem ist Verzögerung als Element. Bei den Infektionszahlen ebenso wie bei den Folgen. Wir laufen rückwärts durch die Zeit…
2020-03-09 Abend (Notizenqualität)
Ein Unterschied der einen Unterschied macht. Aber auch das Ausbleiben der Information kann in Information umschlagen. Das wäre vielleicht genaues beobachten?
Dass Zettelkästen eventuell eine Renaissance durchmachen, ist interessant. Interessanter ist noch, dass es gefühlt mehr englischsprachige Artikulationen sind, die den Zettelkasten aufgreifen. Könnte auch sein, dass ich mir was einbilde, aber es liegt so oder so auf der Hand, dass eine so klar auszubuchstabierende Methode mit so klaren Vorzügen - gerade im digitalen Raum - irgendwann an Traktion gewinnen muss.
Anschließend an meinen Post wie ich Evernote als Zettelkasten benutze, gab es eine weitläufige Diskussion im Forum von zettelkasten.de.
Größtes Highlight für mich:
- es wird grundsätzlich in Frage gestellt, ob ein iteratives Vorgehen überhaupt Vorzüge hat ("add value any time you touch a note")
Kann nicht sagen, dass ich dem zustimme, zumal das Argument ist: "Wenn man keine hochqualitativen Zettel von Anfang an schreibt, dann kann das Endergebnis nicht gut sein." Das glaube ich gerade nicht. Die Medientechnik des Entwurfs ist nicht obsolet, nur weil man einen einzelnen Gedanken je Notiz zu fassen sucht.
Am Ende ist meine Herangehensweise auch nicht widerlegt worden. Aber interessant ist schon, wie die Diskussion sich auf meine eigene Notizenproduktion ausgewirkt hat. Nämlich habe ich noch einmal etwas gründlicher die Prinzipien eines klassischen Zettelkastens studiert und habe folgendes dabei festgestellt: Die klassischen "Ideenzettel" (also solche, die lediglich einen interessanten Gedanken fassen), sind lediglich eine Untermenge des Zettelkastens. Auch die dazugehörigen Themenzettel (für Outlines o. Ä.) und Verbindungszettel (für die Erklärung von Verbindungen zwischen wenig Offensichtlichem), usw. meine ich damit nicht, as gehört zum Instrumentarium der abstrakten Rekombinationsmaschine.
Aber als angestellter Programmierer dient mir der Zettelkasten auch als Wissenrepositorium und Arbeitswerkezug. Neben kurzen HowTo's und Checklisten, enthält der Zettelkasten auch Code-Beispiele, Arbeitsjournaleinträge (Was habe ich heute getan?), Meeting-Notizen, usw. All diesen Schnipseln ist gemein, dass sie einerseits nicht die ideelle Schärfe einer auf einen Punkt runtergefeilten Idee erreichen. Sie sind häufig länger. Sie erschließen sich häufig nicht selbstständig. Sie mögen sehr viel mehr zusammenkopiert sein, als man das für gewöhnlich in Zettelkästen fordert. Und doch ist dieser Zettelkastenschrott nicht egal, im Gegenteil. Nicht selten kann dieses Material - und zu diesem Material kommt dann noch das was ich in meiner Freizeit ansammle zu besseren Dingen veredelt werden, im Sinne einer Steigerung einer Qualität an einem Ding, stärker "verzettelt" werden. Man könnte auch sagen, "stärker Systematisiert".
Jedenfalls sind diese Schrottbezirke Netzfundstücken oder Buchlektüren nicht unähnlich, ähnlicher noch sind diese Notizen aber Unterstreichungen, Bookmarks oder RSS-Feeds und zwar in dem Sinne, dass sie als Technik der Weltkomplexitätsverringerung eine Vorauswahl an möglicherweise Interessantem (oder interessant Gewesenem) angesehen werden können:
References, highlights, pinboard, RSS; all these are outside of the Zettelkasten system but could be considered a part of the outside with reduced complexity for the Zettelkasten compared to the internet as a whole or for that matter the world outside of it.(Quelle: Living With A Zettelkasten)
Umgekehrt ist aber die Verbesserung der Qualität der eigenen Notizen in dieser Hinsicht sicher ebenfalls eine Aufgabe, nämlich: Die Erhöhung der Komplexität dessen was genuin Teil des Notizensystems ist. Und das wiederum kann ebenso graduell auch mit Notizen passieren, die keine Ideen, Konzepte oder im eigentlichen Sinne zu remixende Wissensstrukturen sind. So habe ich etwa festgestellt, dass etwas mehr Liebe beim Festhalten der Recherchen zu einer mir immer noch neuen Programmiersprache (PHP), oder der vielen kleinen HowTo's wie unsere Infrastruktur zu verwenden ist, die Serendipität des Systems erhöht.