Theorie und Erschöpfung
Man kann sich eine Theorie vorstellen, die so mächtig ist, dass sie alle möglichen Phänomene erklärt. Egal welches Phänomen erklärungsbedürftig ist: Es gibt nichts, womit die Theorie nicht klar kommt.
Vermutlich stellt sich eine gewisse Langweiligkeit ein. Was gibt es zur Welt noch zu sagen, wenn man immer auf eine Passage im Theorietext verweisen kann? Es gäbe nichts Neues mehr zu sagen, also auch keinen Grund darüber mit dem Anspruch einer Erklärung zu schreiben: Man würde sich nur wiederholen.
Vermutlich würde man hungrig auf Neues, auf Anderes, noch Unerklärbares werden. Man würde alles was den Anschein hat neu und anders zu sein umarmen wollen. Man würde schließlich versuchen, dieses Neue und Andere selbst zu erschaffen.
Für soziologische Theorien wie der Systemtheorie und auch der ANT heißt das: Veränderung der Gesellschaft/des Kollektivs. Ist die Gesellschaft in ihrer derzeitigen Entfaltung erschöpfend erklärt, dann bleibt eigentlich nur: das Suchen nach Unerklärlichem in Nischen oder die transgressive Veränderung der Gesellschaft durch Einwirkung auf dieselbe.
Man kann natürlich auch Fleißarbeit leisten: In der Geschichte wühlen, explizites Ausbuchstabieren der Erklärung in verschiedenen Fällen, etc. Aber spannend ist nur das tatsächlich Neue.